„Ich bin wie der Fluss“ – Jordan Scott, Sydney Smith

„Ich bin wie der Fluss“ – Jordan Scott, Sydney Smith

Oktober 7, 2021 0 Von Maike

Wusstet ihr, dass rund ein Prozent der Weltbevölkerung stottert? Albert Einstein, Marilyn Monroe und Ed Sheeran, das sind nur einige Beispiele von berühmten Menschen, die im Kindesalter gestottert haben. Es können viele Gründe dahinter stecken und es auch ganz unterschiedlich ausgeprägt sein. Oft haben stotternde Kinder damit zu kämpfen, dass sie von anderen ausgelacht werden, „komisch angeschaut“ werden und irgendwie schnell in eine Schublade gesteckt werden. Mit „Ich bin wie der Fluss“* von Jordan Scott und Sydney Smith ist nun ein bewegendes Bilderbuch erschienen, das sich äußerst sensibel mit dem Thema auseinandersetzt. Beeindruckend!

So viele Wörter sind im Mund

Schon direkt nach dem Aufwachen sind um ihn herum ganz viele Worte. So zum Beispiel eines, das mit B wie Baum anfängt, der direkt vor dem Zimmer des Kindes steht. Es hört diese Worte ganz genau, aber kann sie nicht sprechen, und das, obwohl die Worte sich im Mund fest setzen. Das Kind merkt sie im Rachen und auf der Zunge, aber sie bleiben dort stecken und es sagt gar nichts. Beim Frühstück bleibt es stumm und in der Schule hofft es in der letzten Reihe sehr darauf, nicht dran zu kommen. Und wenn das doch geschieht, schauen alle anderen Kinder genau hin. Sie können aber nicht in den Mund schauen, wo sich die Wörter bilden und im Rachen kratzen. Alles, was sie von dem Kind bemerken, ist Angst und ein anders Sein.

Mein Mund bringt nichts raus. Er ist zu voll mit den Wörtern vom Morgen.“

S.14

An einem Tag, an dem es in der Schule ganz besonders schlecht läuft, holt der Vater das Kind ab und fährt mit ihm an einen Fluss, den beide als ruhigen Ort sehr schätzen. Der Vater zeigt auf das wild wirbelnde Wasser und vergleicht dieses damit, wie das Kind spricht – wild, sprudelnd, vorwärtsdrängend. Aber mal auch still und sanft dahin gleitend. An diesen stolzen, starken Fluss möchte das Kind nun immer dann denken, wenn es spricht.

Ein bewegendes Buch, poetisch und sensibel

Mit wenigen Worten und ganz besonderen Illustrationen berichtet das Kind aus seiner Perspektive von seiner Gefühlwelt rund um das Stottern. Es sind intensive Gefühle, die hier deutlich werden, aber ganz ruhig und sensibel übermittelt. Bildgewaltig taucht man mit ab und erlebt hautnah, wenn das Kind in der Schule sitzt und nicht zu sprechen wagt und wenn der Vater viel Empathie zeigt und seinem Kind einen Anhaltspunkt gibt, aus dem es Kraft schöpfen kann und neuen Mut gewinnt.

Die Illustrationen spiegeln auch immer den Gefühlszustand des Kindes wieder. Als alle anderen aus der Klasse schauen, verschwimmen die Bilder stark. Eine Doppelseite, bei der das Kind die Verbundenheit zum Fluss spürt, lässt sich ausklappen. Am Ende berichtet der Autor von seinen eigenen Erfahrungen als stotterndes Kind – und von seinem Vater, der mit ihm zum Fluss gefahren ist. Ein berührendes Buch zu einem wichtigen Thema, Mut machend und auch für Kinder hilfreich, die nicht von Sprachstörungen betroffen sind. Wir empfehlen es für Kinder ab 5 Jahren.

Jordan Scott, Sydney Smith, Ich bin wie der Fluss, Aladin Verlag 2021.

Das Buch wurde uns vom Verlag für eine Rezension zur Verfügung gestellt.

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