„Die Unausstehlichen & ich. Das Leben ist ein Rechenfehler“ – Vanessa Walder
Es gibt Kinder, die haben es schon in jungen Jahren deutlich schwieriger als andere. Sie wachsen nicht in einer ‚heilen Welt‘ auf, müssen sich schnell auf sich alleine gestellt durchbeißen und immer wieder mit Komplikationen ihren Weg bei der schwierigen Sache namens Leben finden. So geht es auch der 11- jährigen Enni, die in ihrem bisherigen Leben von einer zur anderen Pflegefamilie wechseln musste und endlich dachte, ein Zuhause für immer gefunden zu haben. Sie erzählt uns nun ihre Geschichte und das Lesen lohnt sich!
Worum geht es?
Trennung von Noah
Enni fühlt sich in ihrer Pflegefamilie richtig wohl, denn da gibt es Noah. Der ist ein Jahr älter als sie und wie ein Bruder für sie. Sie halten zusammen, auch wenn Ärger droht und mögen sich einfach so, wie sie sind. Doch eine Nachricht seiner Eltern ändert alles. Die Familie muss in die Schweiz umziehen und Enni kann nicht mitkommen. Beide Kinder sind entsetzt und sie beschließen, zusammen auszureißen und ‚in Freiheit‘ zusammen zu leben. Doch auch hier geht alles schief: Noah stielt, mit Enni an seiner Seite, Süßigkeiten und sie landet bei der Polizei. Dort hat sie mal wieder einen ihrer unkontrollierbaren Wutanfälle, so dass das Jugendamt beschließt, sie in ein ganz besonderes, exklusives Internat zu bringen.
„Heißt im Klartext: ein Knast für Psychos. ’ne Klapse. Ein Freakschuppen. Ab ins Kuckucksnest.“
S. 43
Das Internat
Enni wohnte bis jetzt in Berlin, nun wird sie über eine Seilbahn in den kleinen Bergort Saaks gebracht. Dort scheint alles anders, scheinbar ein Ort fern von aller Zivilisation. Als Enni das Internat zum ersten Mal sieht, ist sie tatsächlich positiv beeindruckt. Ein wunderschönes Gebäude, eine traumhafte Landschaft. Als erstes lernt sie, die mehrmals minütlich Schimpfwörter verwendet, dass dort Fluchen verboten ist und Geld oder Hausarbeit kostet. Dann lernt sie Dante und Karan kennen sowie die Schulleiterin. Und schnell auch viele andere Mitbewohner, die alle für Enni zunächst ok erscheinen, so wie auch der Rest des Internates. Und doch hat Enni einen Plan – dort schnell wie möglich abhauen und Noah suchen!
Fluchtpläne
Ennis Fluchtplan, den sie dummerweise an ihre scheinbar vertrauenswürdige Zimmergenossin verraten hat, wird schnell öffentlich gemacht, aber sie hält weiter daran fest. Dem undurchsichtigen Dante macht sie deutlich, dass sie weiterhin vor hat, Noah zu suchen und er verspricht ihr Hilfe. Die hängt aber an einer Bedingung: erst muss sie ihm und drei weiteren selbst bei der Flucht helfen. Wie das alles ausgeht und ob Enni nochmal auf ihren besten Freund Noah treffen kann, lest ihr am besten selbst. 😉
So hat es uns gefallen
Das Buch hat mich sehr berührt und bewegt. Mit Enni hat man eine sehr starke Protagonistin mit einer rauen Schale, aber einem sehr weichen Kern. Mal leidet man mit ihr, wenn die Wut sie mal wieder überrollt, wenn die Erinnerungen an die Eltern aufkommen oder wenn sie von anderen zu Unrecht beschuldigt oder schlecht behandelt wird. Mal bewundert man sie, weil sie unglaublich taff ihren Weg geht und sich gegen noch so widrige Umstände durchzusetzen weiß. Themen wie Freundschaft, Zusammenhalt, Toleranz, aber auch Ausgrenzung und ‚Leben am Rande der Gesellschaft‘ kommen hier zur Sprache. Manche Kinder, um die es hier geht, haben psychische Probleme, ein Mädchen ist blind und Dante, der mit Enni zusammen im Internat ist, sitzt im Rollstuhl. Das erfahren die Leser*innen zwar, aber es ist nicht „besonders“, sondern gehört alles einfach dazu.
Enni berichtet aus ihrer Perspektive und schreibt ihre Geschichte für den Psychologen des Internats auf. Da dort Fluchen verboten ist und sie viel und häufig flucht – anscheinend auch beim Scheiben – sind immer wieder Wörter geschwärzt, auch mal mehrere hintereinander. Nach ein paar Seiten hat man sich beim Lesen daran gewöhnt, ebenso an den sehr authentisch, jugendlichen Stil, denn Enni schreibt „frei Schnauze“ und hält ihre Meinung und ihrer Gefühle nicht zurück. Das Buch ist gespickt mit schwarz- weiß- Illustrationen von Barbara Korthues, welche die Geschichte von Enni noch lebendiger werden lassen. Wir empfehlen das Buch für Kinder ab ca. 10 Jahren, vorher sind viele Aspekte sicherlich noch schwierig zu verstehen.
Vanessa Walder, Barbara Korthues (Illustration), Die Unausstehlichen & ich. Das Leben ist ein Rechenfehler, Loewe Verlag 2019.