Kinderbücher über das Leben in der DDR: „Mit dem Ballon in die Freiheit“
Dieses Jahr steht ein großes Jubiläum an. Vor 30 Jahren, am 9.11.1989 fiel die Berliner Mauer und beendetet damit endgültig die Herrschaft des SED- Regimes und die Abschottung (zumindest in Richtung Westen) von Millionen von Menschen. Am 3.10. wird ein großer Festakt begangen und in ganz Deutschland ist, wie schon seit 29 Jahren, für alle ein Feiertag. Da liegt es doch nahe, dass man auch Vorschul- und Grundschulkindern schon erklärt, was damals passiert ist und warum gefeiert wird.
Mit „ Mit dem Ballon in die Freiheit“* von Kristen Fulton, Torben Kuhlmann und Jakob Hein ist ein Bilderbuch über die abenteuerliche Flucht zweier Familien erschienen, die 1979 mit einem selbstgebauten Heißluftballon eine abenteuerliche und gefährliche Flucht aus der DDR wagten und schafften.
Die Autorin des Buches ist US- Amerikanerin und las 1979 in einer kleinen Zeitungsmeldung über die Geschichte. Sie war fasziniert und begann irgendwann zu recherchieren. Dafür konnte sie die betreffende Familie interviewen und reiste selbst nach Deutschland. Dies ist für die Perspektive, aus der die Geschichte erzählt wird, vielleicht ganz interessant.
Entstanden ist ein packendes Bilderbuch, in dem zunächst die Unterschiede zwischen den beiden Teilen Deutschlands grob umrissen werden.
Inhalt
Zweigeteiltes Deutschland
Da die ganze Geschichte nicht zu verstehen ist, ohne zu wissen, dass sich das Leben der Menschen in West- und Ostdeutschland doch in einigen Teilen stark unterschied, wird zunächst darauf eingegangen. Schon im Vorsatzpapier ist eine hilfreiche Karte zu sehen, einmal mit dem ganzen geteilten Deutschland, zum anderen von den beiden Orten sowie der Grenzziehung, die für diese Flucht von Bedeutung waren. Den Kindern wird verdeutlicht, dass diese Grenze von der Ostseite her streng bewacht war und dass man nicht einfach hinüber durfte oder dahin reisen konnte, wohin man wollte. Der Alltag, so wird gezeigt, unterschied sich auch. Konnte auf der einen Seite vielfältig eingekauft (Lebensmittel, Kleidung, Comics) werden, so war dies im Osten nicht immer so möglich.
Pläne für die Flucht
Der fünfjährige Peter schaut sich nachts heimlich den Ausschnitt aus einer verbotenen Zeitung an, auf dem ein Heißluftballon zu sehen ist. Er weiß, dass dies etwas mit einem geheimen Plan seiner Eltern und einer befreundeten Familie zu tun hat, über den er aber nicht sprechen darf. Würde jemand erfahren, dass sie schon lange Zeit heimlich Stoffe, Treibstoff und anderes Material kauften und dass die Eltern nachts heimlich nähten und bauten, dann wäre sie alle in Gefahr.
Die Flucht
In einer Septembernacht wird Peter und sein kleiner Bruder von den Eltern geweckt. Heimlich fahren sie mit einem voll beladenen Auto zu einer Waldlichtung und breiten dort die große Ballonhülle aus. Sie füllen den Ballon mit heißer Luft und hängen den Korb ein, als es plötzlich ganz schnell gehen muss. Sie hören Polizeisirenen in der Nähe! Peter darf das Seil durchschneiden, das sie noch mit dem Boden verbindet und los geht die Fahrt. Alle sind sehr aufgeregt, der Ballon steigt höher und höher und auf dem Boden sehen sie die Polizisten, die mit Scheinwerfern nach ihnen suchen. Bei einer Höhe von 2000 Metern ist das letzte Gas leer und der Ballon verliert an Höhe. Alle haben Angst, dass sie es nicht über die Grenze geschafft haben und verstecken sich nach ihrer unsanften Landung im Wald. Doch als sie ein westdeutsches Polizeiauto sehen ist klar, sie haben es tatsächlich geschafft! Als Überraschung lassen sie eine Silvesterrakete in die Luft steigen und feiern ihre Freiheit.
Zusatzinformationen im Buch
Im Anhang sind noch für die vorlesenden Erwachsenen einige Informationen zum Bau des Ballons, die gescheiterten Versuche und den Kalten Krieg und den Bau der Berliner Mauer generell zu finden. Zudem berichtet die Autorin von ihrer Recherche für diese Geschichte. Drei Originalfotos des Ballons und der Familie sind auch noch abgedruckt.
Fazit
Das Buch ist sehr packend und berührend geschrieben und man fiebert sehr mit Peter und seiner Familie mit. Die wundervollen Illustrationen von Torben Kuhlmann lassen die Geschichte sehr stimmungsvoll lebendig werden. Kinder ab dem Vorschulalter (bzw. wie immer auch abhängig vom Kind und dem Interesse) können in die spannende Geschichte eintauchen, brauchen aber vielleicht im Vorfeld z.B. anhand der Karte einige Erklärungen. Für die Grundschule kann ich es mir auch sehr gut vorstellen, um das Thema „DDR“ anzusprechen.
Die kurze Darstellung des Lebens in der DDR wird vielleicht den einen oder die andere stören, weil es schon sehr deutlich heraus kommt, dass Peter und seine Familie auf der „falschen“ Seite Deutschlands wohnen. Da der Schwerpunkt bei diesem Buch aber nicht darauf lag, den (natürlich nicht nur schlimmen) Alltag in der DDR darzustellen, sondern die Geschichte der Flucht zu erzählen, finde ich dies nicht störend. Es muss für das Verständnis der Beweggründe der Familien schon deutlich werden, dass sie sich sehr unwohl fühlten und dort keine Perspektive für ihre Kinder sahen. Ob hier jede/r, der in der DDR aufgewachsen ist, allem zustimmen würde, kann ich als „Wessi“ gar nicht so genau sagen. Es wird z.B. gesagt, dass das Kinderfernsehen im Osten sehr langweilig war und es deswegen keiner geschaut hat.
Die Erklärungen zum historischen Hintergrund im Anhang sind sehr hilfreich, für einen selbst und bei weiteren Fragen der Kinder. Und die werden hoffentlich kommen, denn dieses Buch weckt das Interesse für den Teil der Geschichte.
Kristen Fulton, Torben Kuhlmann und Jakob Hein, Mit dem Ballon in die Freiheit, Ravensburger Verlag 2019.
[…] vorgestellt. Morgen geht es wiederum weiter bei Julia von juliliest. Übrigens haben wir hier bereits ein anderes Buch zum Thema vorgestellt, in dem es um die Flucht aus der DDR […]