„Tara und Tahnee. Verloren im Tal des Goldes“ – Patrick Hertweck
Ich habe schon lange eine Schwäche für Bücher, die in vergangene Zeiten entführen. Und wenn man dann bei der Lektüre noch das Gefühl hat, ganz in die fremde Welt einzutauchen und vor lauter Spannung und Faszination das Buch nicht mehr aus der Hand legen kann, umso besser. Aber geht das bei einem Kinderbuch? Aber ja! „Tara und Tahnee. Verloren im Tal des Goldes“ von Patrick Hertweck hat mich von der ersten bis zur letzten Seite fasziniert. Ein starkes Mädchen, das in der rauen Umgebung der Goldgräber und Kopfgeldjäger des Jahres 1856 auf sich allein gestellt die Reise nach San Francisco wagen muss, um ihren Vater zu retten -ein faszinierender Hintergrund.
Darum geht es
Der Fremde
Die elfjährige Tahnee lebt zusammen mit ihrem Vater in einer einsamen Hütte mitten in der Wildnis. Dort versorgen sich die beiden in bester Teamarbeit selbst und der Vater verdient ein wenig Geld durch den Verkauf von Pelzen und Ähnlichem. Als dieser gerade eines Wintertages im Jahr 1856 in den Wäldern der Sierra Nevada unterwegs ist, bekommt Tahnee unerwarteten Besuch eines Fremden. Und relativ schnell wird klar, was dieser möchte. Er hat einen alten Steckbrief in den Händen, auf dem das Bildnis von Tahnees Vater zu sehen ist. Dieser werde, so macht er dem Mädchen eindrücklich klar, als Bandit und Mörder gesucht – tot oder lebendig. Und der Unbekannte möchte nur eines: ihren Vater gefangen nehmen und ausliefern.
Flucht im Schnee
Tahnee gelingt es mit viel Mut, aus der Hütte zu entkommen und sich zu ihrem Vater durch die verschneiten Berge durchzuschlagen. Gemeinsam schaffen sie es zu einer verlassenen Hütte eines Einsiedlers, wo Tahnee sich auch endlich warm anziehen kann. Sie berichtet ihrem Vater von den Vorwürfen sowie dem Fremden und er ist sehr beunruhigt. Doch Zeit zum Durchatmen bleibt kaum, denn schon sehr bald nähern sich wieder fremde Reiter der Hütte. Ihnen bleibt nur die Flucht, zunächst mit dem Pferd und dann mit den Kanu – so zumindest der Plan.
Viel Zeit zum Reden haben die beiden nicht, aber eines kann ihr Vater ihr noch mitteilen. Sollten sie getrennt werden, so soll Tahnee versuchen, sich nach San Francisco durchzuschlagen. Dort thront über der Stadt auf einem Hügel ein gewaltiges Anwesen. Dorthin soll sie gehen und dem Besitzer sagen, woher sie komme und wer ihr Vater sei. Tahnee versteht nicht, was ihr Vater ihr mit dieser Botschaft sagen möchte und es gibt auch keine Gelegenheit mehr, genauer darüber zu sprechen. Denn nachdem sie in das Kanu eingestiegen ist, reißt der wilde Fluss ihrem Vater das Seil auf das Hand. Sie wird schnell flussabwärts getrieben und kann noch sehen, wie ihr Vater am Ufer steht und die Kopfgeldjäger schnell näher kommen.
Das andere Mädchen
Und dann ist da noch Tara, die ebenfalls elf Jahre alt ist. Sie lebt zusammen mit ihrem Großvater, einer Kinderfrau und zahlreichen Angestellten sehr behütet in einem imposanten Haus. Sie hat noch nicht viel von der Welt da draußen gesehen und flüchtet sich oft in abenteuerliche Buchwelten. Nach einer Erkrankung rät allerdings der Arzt, dass sie täglich Seeluft schnuppern soll. Also wird sie mit der Kutsche an den Hafen gefahren und darf auch dort mit Begleitung spazieren gehen. Als sie bei einem solchen Ausflug die Begegnung mit einem geheimnisvollen Mann sowohl diesen als auch ihre Kinderfrau tief erschreckt, ist nichts mehr so wie zuvor.
So hat es uns gefallen
Zunächst zu den Äußerlichkeiten, auch wenn die natürlich nicht so wichtig sind. 😉 Ein großartiges Cover, ein lilafarbener Buchschnitt – das macht schon etwas her. Aber noch viel großartiger ist der Inhalt. Die Geschichte packt einen ab dem ersten Kapitel und man ist sofort mittendrin in der Welt des Wilden Westens mit allen Faszinationen, die dazu gehören. Tahnee wächst einem schnell ans Herz. Sie ist sehr mutig und setzt sich tapfer gegen die Verfolger ihres Vaters zur Wehr. Diesem vertraut sie völlig und versucht sich zu dem genannten Ort durchzuschlagen, ohne die Hintergründe zu kennen. Die Umstände sind manchmal mehr als schwierig und trotzdem behält sie meist ihre Zuversicht und kämpft weiter – das kann man sich wohl zum Vorbild nehmen.
Tara lernt man zunächst nur aus ihren Tagebucheinträgen kennen, die sie an ihre verstorbene Mutter adressiert. Diese sind deutlich kürzer als die Kapitel um Tahnees Abenteuer, so dass dieses zunächst im Vordergrund steht. Trotzdem fiebert man von Beginn an mit ihr mit und möchte nur zu gerne wissen, welches Geheimnis ihr Opa verbirgt.
Spannung ist auf jeden Fall garantiert und die Gefahr ist sehr groß, dass man viel zu spät schlafen geht, weil man so dringend weiter lesen muss. Ich fande es am Ende tatsächlich schade, dass das Buch vorbei ist, obwohl das Rätsel gelöst wurde. Gerne wäre ich noch länger in der Welt des Wilden Westens geblieben. Für Kinder empfehlen wir das Buch erst ab 10 Jahren und auch dann erst, wenn diese mit den zum Teil doch rauen Sitten des 19. Jahrhunderts umgehen können. Dann werden sie es aber auch bestimmt in Rekordzeit durchlesen. Gerne mehr davon!
Patrick Hertweck, Tara und Tahnee. Verloren im Tal des Goldes, Thienemann Verlag 2020.