„Der Hund, der sein Bellen verlor“ – Eoin Colfer

„Der Hund, der sein Bellen verlor“ – Eoin Colfer

August 18, 2019 0 Von Maike

Meine Kinder sind beide sehr große Tierfreunde und können es absolut nicht haben, wenn sie sehen oder hören, dass es Tieren nicht gut geht. Gerade der Große ist da besonders feinfühlig. Vor Kurzem haben wir „Der Hund, der sein Bellen verlor“ * von Eoin Colfer (vor-) gelesen und gerade in den ersten beiden Kapiteln dachte ich, dass wir es vielleicht abbrechen müssen, aber er wollte es unbedingt (!) weiter lesen und es hat sich wirklich sehr gelohnt!! [Rezensionsexemplar]

Der kleine Welpe lebt zusammen mit seiner Hundemama, die er sehr liebt, und seinen Geschwistern, von denen einer sehr gemein und aggressiv ist, im Haus des lauten Mannes. Dieser ist gar nicht nett zu den Hunden, sie dürfen beispielsweise nie nach draußen. Doch die Hundemama berichtet dem Kleinen viel von der „Draußenwelt“ und macht ihm Hoffnung, dass irgendwann der für ihn richtige Mensch kommen und ihn gut behandeln wird. Nach und nach werden alle Welpen abgeholt und irgendwann auch der Kleine, aber für ihn wird es im neuen Zuhause noch schlimmer.

Kein schöner Ort

Der kleine Hund ist ganz aufgeregt, als er zum neuen Zuhause gebracht wird und unter einem geschmückten Baum wartet. Ein Junge nimmt ihn hoch, aber die Freude des Hundes nimmt schnell ab. Der Junge brüllt ihm unbekannte Kommandos zu, piekst ihn, nennt ihn „dummer Hund“ und zieht ihn am Schwanz. Der Hund bellt ihm daraufhin aus Not sehr laut ins Ohr, der Junge schreit, der bunte Baum fällt um und der Hund findet sich bald in einem schlimmen Raum wieder, aus dem er nicht raus kam. Es gab schlechtes Futter und das auch nur, wenn er absolut ruhig blieb und nicht bellte. Und als er einmal aus Versehen sein Geschäft nicht so machte, wie er es sollte, wurde er wieder hoch genommen und auf eine Müllkippe geworfen, ohne Futter und Wasser, und das blieb so, obwohl er nicht bellte.

Ein Hund für Patrick

Patrick und seine Mutter sind den Sommer über bei seinem Großvater, weil der Vater auf Australientournee mit seiner Band ist. Seine Mutter hilft dem Opa beim Musikunterricht und verdient sich etwas dazu. Alles scheint wie jeden Sommer, bis der Opa Patrick anbietet, dass er sich einen Hund aussuchen darf, der ihm die Ferien über Gesellschaft leitet. Er ist sehr erstaunt, denn das ist sein größter Wunsch, nur leider ist der Vater stark allergisch. Zusammen mit dem Opa geht er in ein Tierheim und schaut sich um, bis er einen kleinen, verschüchterten Hund sieht, der still in seiner Box sitzt. Für Patrick hat der Hund etwas ganz Besonderes und es ist klar, den möchte er und keinen anderen. Er lässt sich auch nicht davon abbringen, dass der Tierpfleger ihm sehr viel Arbeit prophezeit, bis er den Hund als Freund gewinnen wird, da dieser wohl eine harte Vergangenheit habe. Der Opa stimmt zu und der Hund, der jetzt Oz heißt, kommt mit.


Ganz viel Geduld

Für Oz ist eins klar: Menschen sind keine Freunde und man darf bloß keinen Laut machen. Bei Patrick bleibt er deswegen in seiner Box sitzen und bewegt sich nicht. Patrick hat einige gute Tipps bekommen, wie er das Vertrauen gewinnen kann (u.a. ihm wieder das Bellen beizubringen) und macht sich an die Arbeit. Stunde um Stunde und Tag um Tag sitzt er bei Oz und versucht, Kontakt aufzunehmen. Und er feiert kleine Erfolge. Oz frisst irgendwann die Würstchen, die er ihm anbietet und er nutzt seinen Turnschuh als Toilette. Aber hinaus möchte er noch nicht und er gibt noch keinen Laut von sich.

Die Macht der Musik

In Patricks Haus tönt die ganze Zeit Musik, weil ständig Musikschüler dort üben. Eines Tages bemerkt der Opa, dass Oz anfängt, Töne und Melodien recht korrekt nachzuwinseln. Also versucht Patrick es mit Musik: er spielt für Oz Geige und kommt ihm so nach und nach näher, dass Oz sogar seine Kiste verlässt und sich im Geigenkasten zum Schlafen hinlegt. Doch etwas fehlt noch: Oz bellt noch nicht richtig und traut sich nicht aus dem Zimmer. Patrick versucht alles, aber sie machen keine Fortschritte. Bis seine Mutter die Idee schlechthin hat: sie öffnet das Fenster und davor riecht Oz etwas sehr Vertrautes. Denn dort steht der nette Mann aus dem Tierheim mit Oz‘ Mutter an der Leine, die er von dem „lauten Mann“ weggeholt hat. Das ist der Schlüssel: Oz traut sich heraus, Hundemutter und Sohn sind überglücklich und auch Patrick, der von nun an einen wunderschönen Sommer mit Oz erlebt.

Das Problem mit dem Vater

Alles wäre so gut, wäre da nur nicht die Abwesenheit von Patricks Vater. Der ist weiter auf Tournee in Australien, lässt nicht viel von sich hören und auch die Mutter antwortet auf alle Fragen sehr ausweichend. Patrick ist deswegen sehr traurig und wird noch trauriger, als seine Mutter ihm beichtet, dass sie und der Vater sich getrennt haben und sie jetzt immer bei dem Opa leben werden. Deswegen ist auch der Hund kein Problem, die Allergie des Vaters stört nicht mehr. Patrick ist am Boden zerstört, will die Eltern wieder zusammen haben und hat deswegen nur eins im Kopf: das geht nicht, wenn Oz da ist und deswegen muss er, obwohl sehr geliebt, wieder weg. Doch es wendet sich noch – fast – alles zum Guten und jetzt ist es nicht Patrick, der Oz aus seinem Tief hilft, sondern der Hund wird zum wichtigen Anker.

Fazit

Die Geschichte um Patrick und Oz ist unglaublich anrührend, tiefgründig und kann sicherlich zur einen oder anderen Träne beim Lesen führen. Erzählt wird aus zwei Perspektiven, einmal berichtet Oz von seinen Hundegefühlen und Hoffnungen, dann lässt und Patrick an den Erlebnissen und Gedanken teilhaben. Beim Lesen leidet man mit Oz mit, der zunächst kein würdiges Leben hat und sogar gequält wird. Auch in Patrick kann man sich wunderbar einfühlen, der zwischen Freude über den neuen Hund, Sorge um dessen Befinden und Traurigkeit über den anwesenden Vater schwankt.

Die schwarz- weiß Illustrationen von P. J. Lynch unterstützen den ganzen Charakter des Buches wunderbar. Ich habe das Buch meinem Sechsjährigen vorgelesen, was vom Verständnis her problemlos ging. Zum Selbstlesen braucht es etwas Übung, da würde ich es ab ca. 8 Jahren empfehlen. Gerade mit feinfühligen Kindern muss man die eine oder andere Sache vielleicht später thematisieren, aber die Lektüre lohnt sich auf jeden Fall. Ein ganz wundervolles, leises Buch über Freundschaft, Empathie, Geduld und Tierliebe. Und auch darüber, dass auch die Trennung der Eltern irgendwie verkraftet werden kann, es aber Zeit und Arbeit braucht.

Eoin Colfer, P. J. Lynch, Der Hund, der sein Bellen verlor, Orell Füssli, 2019.

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