„Vom Esel, der keine Geschichte hatte“ -Stefanie Taschinski, Julia Christians
Mit welchen Leuten man sich umgibt, kann eine Menge ausmachen. Manche Menschen blühen erst in einem anderen Umfeld auf, nachdem sie immer klein gemacht wurden und ihr Potential nicht entfalten konnten. So geht es auch der Hauptfigur in „Vom Esel, der keine Geschichte hatte“* von Stefanie Taschinski und Julia Christians. Die anderen Tiere auf dem Hof sind so toll und interessant (bzw. meinen dies von sich) und er ist nur der kleine graue Esel, der nichts kann…
Losziehen, um neuen Mut und Stärke zu finden
Der Esel lebt zusammen mit anderen Tieren auf einem Bauernhof – gehört aber nicht wirklich dazu. Schaf, Gans und Hund haben – im Gegensatz zu ihm – die spannendsten Geschichten zu erzählen und tun diese auch häufig. Da Esel das nicht kann, lassen sie ihn einfach stehen. Auch helfen möchten sie nicht wirklich, als der Esel sie nach einem netten Lied, einem Abenteuer oder einer einfachen Aufgabe für ihn fragt. „Das gibt es auf der ganzen Welt nicht!“, da sind sich die anderen Tiere einig. Der Esel ist sehr traurig und geht fort vom Bauernhof und den Tieren, die ihm eh nichts zutrauen. Er läuft ohne Ziel über die Wiesen, an einem Fluss entlang, bis es Nacht wird. Dort hört er den leisen und feinen Gesang eines Schwanes, der sehr erstaunt ist, weil ihn sonst nie jemand hören kann.
Was muss der Esel doch für gute Ohren haben! Aus Freude darüber singt der Schwan ihm ein schönes Lied. Weiter geht sein Weg, bei dem er auf eine Eule trifft, die sich den Flügel verrenkt hat und nicht mehr fliegen kann. Damit kein Fuchs sie packt, nimmt der Esel sie auf seinen Rücken und bringt sie zu ihrem Baum. Sie verspricht ihm, allen von dieser Tat zu erzählen. Als drittes steht er dem großen Bären entgegen, vor dem sich alle anderen Tiere fürchten und immer weglaufen. Doch der Esel bleibt stehen und hört zu, dass der Bär deswegen sehr traurig ist und einfach Angst hat. Angst vor seiner dunklen Höhle, in die er sich nun endlich einmal mit Hilfe des Esels hinein traut. Auch der Bär freut sich sehr, den ihn getroffen zu haben. Und der Esel? Der geht gestärkt nachhause und erzählt den anderen Tieren, was er alles erlebt hat.
Mutmach – Buch mit schöner Botschaft
In jedem Menschen (oder Tier) stecken besondere Fähigkeiten und Talente, jeder ist etwas besonderes – man muss nur ein passendes Umfeld haben, um dieses entdecken oder zeigen zu können. Eben dieses hat der kleine Esel auf dem Bauernhof nicht. Eine eitle Gans, ein besonders mutiges Schaf – keiner von diesen traut ihm nur das Geringste zu. Erst auf seiner Reise, fernab des Hofes und der anderen Tiere, bemerkt der Esel, dass doch mehr in ihm steckt, als ihm alle immer weismachen wollen. Es zeigt sich, dass er ein guter Zuhörer ist und sich hilfsbereit und mutig zeigt. Darin bestärken ihn die anderen Tiere, die er auf seinem Weg trifft. Als „neuer Esel“ kehrt er auf den Hof zurück und berichtet den Tieren davon. Die Geschichte, die ruhig und mit viel Feingefühl erzählt wird, kann sicherlich nicht nur schüchternen Kindern Mut machen, dass in allen etwas Besonderes steckt. Selbstvertrauen ist nicht immer da, es muss erst aufgebaut werden, was ein langer Weg sein kann. Deswegen ist es sicherlich auch ein gutes Buch für die pädagogische Arbeit mit Kindern ab 4 Jahren.
Auch vom Textbild her eignet sich das Buch wunderbar dafür, um mit verteilten Rollen bzw. verschiedenen Stimmlagen vorzulesen. Die Illustrationen von Julia Christians sind sehr ansprechend und kindgerecht. Eine Frage habe ich mir am Ende allerdings gestellt: Wäre es nicht auch ein schönes Ende gewesen, wenn der Esel nicht nach Hause zurück gekehrt wäre? Die Tiere dort waren nicht wirklich nett zu ihm, auch wenn sie nach seiner Abreise ein wenig nach ihm gesucht haben. Was zieht ihn dorthin zurück? Andererseits kann er so nun beweisen, dass deutlich mehr in ihm steckt, als die Hoftiere von ihm gedacht haben. Das ist natürlich auch gut.
Wer weitere schöne Bücher für Mut und Selbstvertrauen sucht, kann sich mal das Mut -Mach – Buch der kleinen Hummel Bommel ansehen. Viele andere Bücher zu dem Thema findet ihr hier in unserer Übersicht.
Stefanie Taschinski, Julia Christians, Vom Esel, der keine Geschichte hatte, Oetinger Verlag 2021.
Das Buch wurde uns vom Verlag für eine Rezension zur Verfügung gestellt.
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