„Was Neues ist nicht schwer, Herr Bär!“
Kennt ihr die Geschichte über den berühmten Philosophen Immanuel Kant, der im Alter seinen Tag fast auf die Minute genau strukturiert hatte und immer um Punkt 19 Uhr zu seinem täglichen Spaziergang aufbrach? Ein wenig erinnert mich der Bär Baldur in „Was Neues ist nicht schwer, Herr Bär!“ von Jan Kaiser und Laura Tschorn daran. Denn er hängt – wie auch manche Kinder – ebenfalls sehr an Regelmäßigkeiten – bis zu einer besonderen Begegnung.
Mit Gewohnheiten brechen, Neues wagen
Jeden Tag geht Baldur zur gleichen Uhrzeit spazieren, nimmt dafür immer seine Lieblingsstrecke und macht immer an einem bestimmten Ameisenhaufen Pause. Auch sonst ist sein Tag immer genau gleich getaktet: einkaufen, Gartenarbeit, die Lieblingssendung schauen und an seinem Schal stricken – für alles hat er eine genaue Uhrzeit. Ein wenig traurig ist er aber auch ab und an, denn er hat keinen guten Freund und ist viel alleine. Eines Tages durchbricht aber ein Ereignis seinen geregelten Tagesablauf. Ein kleines Tierchen buddelt sich an seiner 11 Uhr – Pausestelle genau unter seinem Po durch die Erde und kommt leicht zerknautscht heraus. Dem Bären tut das schon Leid, so dass er dem niedlichen Fellbündel kurzerhand anbietet, mit ihn zu kommen, so dass er sich kümmern kann.
Das Tier – Dideldum genannt – stimmt zu, fühlt sich gleich schon besser und kugelt wie wild durch den Wald. Baldur, der gerne auf dem Weg bleibt, wundert sich etwas, aber das Tier erklärt ihm: „Ich lauf halt gern mal andersrum.“ Er lässt sich sogar von dem Kleinen verleiten, auch mal durch das Gebüsch zu kugeln, wie er es als junger Bär gerne gemacht hat. Irgendwann gehen sie ins Haus, wo der Dideldum überall herum saust und alles durcheinander bringt. Erst ist Baldur etwas sauer, dann aber macht er sich mit dem neuen Freund dran, etwas neuen Schwung in das Haus zu bringen und die Möbel umzustellen. Er mistet sogar aus und wirft endlich die alten, streng riechenden Kissen weg. Dann machen sie Pläne für den kommenden Tag, der ganz anders aussieht als zuvor. Endlich hat Baldur einen Freund gefunden!
Fröhliche und kunterbunte Reimgeschichte
Die Grundidee des Buches ist wirklich gelungen. Eine unerwartete Begegnung reißt den Bären aus dem immer gleichen Trott, an dem er sehr hängt, der ihn aber auch etwas einsam und traurig macht. Das kleine Tier ist fröhlich und unkonventionell und reißt Baldur schnell mit. Für mein Verständnis tatsächlich ein wenig zu schnell. Nach nur wenigen Momenten mit dem Dideldum lässt er alles sein, was ihm mal wichtig war. Auch wenn ihn das glücklich macht, braucht man doch oft etwas länger, um alte Gewohnheiten abzulegen. Kindern fällt das aber wahrscheinlich gar nicht so auf. Der Dideldum ist einfach wie er ist und passt sich nicht wirklich an das Leben des Bären an. Dieser ist es, der sich alleine ändert.
Da das Ende so ist, dass Baldur mit dem Neuen sehr zufrieden ist und wirklich einen Anstoß brauchte, um Neues zu wagen, ist dann das doch positiv zu sehen. Die Illustrationen sind kunterbunt fröhlich und sehr ansprechend für Kinder. Vor allem wenn man auf die Betonung achtet, macht es wirklich Freuden, den in Reimform geschriebene Text vorzulesen. Die Reime lesen sich wunderbar leicht und locker und sind ein Spaß für Kinder ab 3 Jahren.
Jan Kaiser, Laura Tschorn, Was Neues ist nicht schwer, Herr Bär!, Magellan Verlag 2022.
Das Buch wurde uns vom Verlag für eine Rezension zur Verfügung gestellt.