„Das Wolkenschiff“ – Vashti Hardy
Ist die Vorstellung, einen neuen Kontinent zu entdecken, nicht unglaublich spannend? Neue Gegenden sehen, die noch nie jemand zuvor betreten hat, mutig Gefahren entgegentreten und nach der Reise dies alles mit anderen berühmten Entdeckern teilen. Eine aufregende Vorstellung! So sieht das Leben von Arthurs und Maries Vater in „Das Wolkenschiff. Aufbruch nach Südpolaris“ von Vashti Hardy aus. Dieser eilt von einer Expedition zur anderen und lässt seine beiden Kinder an den Erkenntnissen teilhaben. Und für beide Kinder ist klar, dass sie, wenn sie etwas älter sind, ihren Vater bei diesen Expeditionen begleiten werden. Doch als dieser von einem Abenteuer nicht zurückkehrt, ist für die beiden das Leben von einem auf den anderen Tag anders. Und die einzige Chance der beiden, etwas über ihren Vater herauszufinden, ist, auf eine weite und gefährliche Reise zum noch unbekannten Kontinent Südpolaris aufzubrechen.
Darum geht es
Schlechte Nachrichten
Aufgeregt sitzen die vierzehnjährigen Zwillinge Arthur und Marie auf dem Dach ihres Hauses und beobachten den Start eines Wolkenschiffes. Beide sind fasziniert von den schwebenden Riesen, mit denen die angesehenen Entdeckerfamilien Lontowns zu ihren Reisen aufbrechen und neue Gegenden, Inseln und sogar Kontinente erforschen. Lange schon warten sie auf die Rückkehr ihres Vaters Ernest Brightstorm, der mit seinem Wolkenschiff auf einer Reise ist, um den dritten Kontinent Südpolaris zu erforschen, den noch nie ein Mensch erreicht hatte. Er ist der erste Entdecker aus seiner Familie und wird damit von einigen als Emporkömmling verspottet.
Doch nach dem Besuch einer Abgeordneten der berühmten Geographischen Gesellschaft ist für die beiden alles anders: ihr Vater ist auf seiner Mission verschollen, mit einer Rückkehr wird nicht gerechnet. Und nicht nur das, am nächsten Tag erfahren die beiden, dass ihr Vater angeblich auf seiner Reise, einem Forschungswettrennen nach Südpolaris, unehrenhaft gehandelt habe. Er soll dem Wolkenschiff von Eudora Vane, einer der berühmtesten Entdeckerinnen Lontowns, Treibstoff gestohlen haben.
Wie ein anderes Leben
Von nun an verändert sich für Arthur und Marie alles. Nach einer Klausel im Versicherungsvertrag ihres Vaters, wird aufgrund der Straftat der ganze Besitz der Familie beschlagnahmt. Die Kinder müssen nun auch noch ihr geliebtes Zuhause mit der imposanten Bibliothek verlassen. Die für sie zuständige Kinderfrau stellt sich nun auch noch gegen sie und verkauft die Geschwister als Helfer an das grimmige Ehepaar Beggins. Wehren können sich die beiden nicht gegen ihr Schicksal und schnell sitzen sie nicht mehr in der großen Villa, sondern in einem kleinen, schäbigen Zimmer in einer unangenehmen Gegend.
Marie ist eine sehr geschickte Erfinderin, kann Technisches reparieren – also soll sie für das Paar auf einer Wolkenschiffwerft arbeiten. Arthur, der nur einen Arm – und einen von Marie erfundenen Eisenarm – hat, scheint für das Paar zunächst hinderlich zu sein. Doch er kann auch bleiben und arbeitet für die beiden in der Küche. Zum Glück haben die beiden sich, sonst wäre es noch schwieriger.
Ein Lichtblick
Eines Abends kommt allerdings eine große Überraschung für die beiden: hoch oben am Nachthimmel sehen sie den weißen Falken Parthena fliegen, das Weisewesen ihres Vaters, das ihm nie von der Seite gewichen ist. Und diese hat das Medaillon des Vaters dabei, das er während der Expedition getragen hat. Den beiden ist klar, dass der Vogel ihnen etwas sagen möchte und das Schmuckstück eine Botschaft sein soll. Lebt ihr Vater vielleicht noch? Es gibt nur eine Möglichkeit, dies herauszufinden: sie müssen sich irgendwie einer Expedition nach Südpolaris anschließen. Wie gut, dass eine junge und aufstrebende Entdeckerin gerade eine Mannschaft zusammenstellt.
So hat es uns gefallen
Nachdem man sich etwas in die Welt der Wolkenschiffe und der Lontowner Gesellschaft eingefunden hat, erwartet einen ein spannendes Abenteuer, das von starken Frauen dominiert wird. Die Zwillinge suchen ihren Vater und versuchen gleichzeitig, als Teil einer Entdeckermannschaft das Wettrennen zum dritten Kontinent zu gewinnen. Auf dieser Reise machen sie nicht nur wertvolle Erfahrungen über Freundschaft und Vertrauen, sie müssen sich auch mit gefährlichen Gegnern herumschlagen, die auf den ersten Blick ganz harmlos aussehen. Es wird an manchen Stellen etwas mystisch, wenn Gedankenwölfe aus den Tiefen der Wälder auftauchen oder wenn Weisewesen (eine Art hochintelligentes Haustier) sich als besonders hilfreich oder auch tückisch erweisen.
Die Wolkenschiffe werden hier von Frauen gesteuert, die wagemutig sind und zum Teil sehr viel unternehmen, um ihre Ziele zu erreichen. Auch Marie, die alle mit ihrem großen technischen Wissen überrascht, kann sich schnell durchsetzen und perfekt in die Materie der Flugriesen einarbeiten. Ihr Bruder Arthur, der ein großes Interessen an Büchern hat und die ganze Reise dokumentiert, schafft es ebenfalls allen zu zeigen, dass er auch nur mit einem Arm alles erreichen kann. Wir empfehlen dieses spannende und vielschichtige Buch für Kinder ab 10 Jahren und auch für Erwachsene. Ich jedenfalls würde mir ein weiteres Abenteuer der mutigen Entdecker*innen wünschen! 😉
Vashti Hardy, Das Wolkenschiff, ArsEdition 2020.
Das Buch wurde uns vom Verlag für eine Rezension zur Verfügung gestellt.