„Forschungsgruppe Erbsensuppe oder wie wir ein Haus kaperten und Linas Geheimnis auf die Spur kamen“ – Rieke Patwardhan, Regina Kehn
Mit viel Freude haben wir schon den ersten Band der „Forschungsgruppe Erbsensuppe“ gelesen, in dem Lina, Evi und Nils eine Geheimbande gegründet und dem Geheimnis der Großmutter auf die Schliche gekommen sind. Diese hatte viele Bilder von Geflüchteten im Fernsehen gesehen, sich an ihre eigene Flucht vor vielen Jahren erinnert gefühlt und angefangen, Dinge zu horten. Vor allem Erbsensuppe in Dosen! Die Bande von Nils, ihrem Enkel, Evi und Lina, die vor kurzem aus Syrien nach Deutschlang gelangt war, hat daher ihren Namen. Auch nachdem die Großeltern alles erzählt hatten, ermitteln die drei natürlich weiter, und das im zweiten Teil „Forschungsgruppe Erbsensuppe oder wie wir ein Haus kaperten und Linas Geheimnis auf die Spur kamen“, geschrieben von Rieke Patwardhan und illustriert von Regina Kehn.
Linas Geheimnis
Irgendwie ist Lina seit Kurzem ganz anders als sonst. Sie kommt zu spät zum Unterricht, unterhält sich am neuen Handy leise, aber aufgeregt auf arabisch und geht nicht direkt mit zum Bandentreffen. Zum Glück kommt sie aber nach, denn Nils‘ Opa, bei dem die Treffen stattfinden, hat eine besondere Überraschung. Er führt die Kinder zu einem alten Haus mit einem riesigen Garten, das unbewohnt ist und einem Freund gehört. Für ein bisschen Mithilfe bei der Gartenarbeit dürfen die drei nun hier ihr Banden- Hauptquartier aufschlagen – wie toll! Also rupfen sie dort ein wenig Unkraut und genießen den Platz und die Ruhe. Doch auch das sollte bald wieder vorbei sein, denn mit Lina wird alles immer geheimnisvoller. Sie ist unkonzentriert, versteckt das Foto eines Jungen in ihren Schulsachen und macht immer weniger mit ihren beiden Freund*innen zusammen. Da muss doch etwas dahinter stecken!
Reden mag Lina nicht und es kommt auch keiner der beiden an sie heran. Auch den anderen aus der Klasse fällt auf, dass mit ihr etwas los ist und die zwei blöden Mitschüler mit ihrer Bande „Die zwei Fragezeichen“ sehen Lina nun als ihren neuesten Fall an. Evi und Nils ist klar, dass sie nicht zulassen dürfen, dass diese bei ihrer besten Freundin herum schnüffeln. Also besuchen sie – ohne Einladung – Lina zum ersten Mal im Flüchtlingswohnheim, wo sie mit ihrem Vater einen Container bewohnt. Sie ist nicht erfreut über diesen Besuch und hat zu tun: auf dem Tisch liegen viele Zettel und Papiere, zum Teil bedruckt mit einem roten Kreuz und ein Wörterbuch.
Auf weitere Fragen geht sie nicht ein und bittet ihre Freunde, wieder nach Hause zu gehen. Die beiden sehen nur eine Chance, um Lina zu helfen und die blöde Bande daran zu hindern, ihr weiter zu schaden: sie müssen selbst hinter ihr Geheimnis kommen…
So einfach ist das alles nicht
Der erste Band der „Forschungsgruppe Erbsensuppe“ wurde nicht umsonst mit dem Jugendliteraturpreis ausgezeichnet. Der zweite Teil knüpft daran an und vermittelt wieder auf einfühlsame Weise, wie es ist, als Geflüchtete in Deutschland zu leben. Doch darum geht es nicht allein. Freundschaft, Zusammenhalt, Hoffnung und die Parallelen von Vergangenheit und Gegenwart – starke Themen in einem starken Buch. Vor allem die facettenreichen Charaktere können wieder sehr überzeugen. Die energische und manchmal leicht überdrehte Evi, die das Herz am richtigen Fleck hat und Ungerechtigkeit gar nicht haben kann. Der etwas schüchterne Nils, dem die Freundschaft mit den anderen beiden viel bedeutet und Lina, die auf einmal nicht so sorgfältig und konzentriert scheint wie sonst.
Der gute Zusammenhalt der drei scheint in Gefahr, Lina zieht sich immer mehr in ihr Geheimnis zurück. Es ist aber auch nicht einfach für sie. Die Erlebnisse des Krieges, das Leben im Flüchtlingsheim und die Sorge um die Verwandten, die es noch nicht nach Deutschland geschafft haben. Man erfährt etwas über die verschiedenen Aufgaben des Roten Kreuzes und auch deren Suchdienst, der Lina und ihrem Vater sehr helfen kann. Aber auch Evi und Nils werden von einer Vielzahl von Gefühlen überrannt, was kaum zu verdenken ist.
Die Hintergründe der Geschichte sind nicht ganz einfach zu verstehen, zumindest nicht ohne etwas an Vorwissen über Gründe für Flucht und Vertreibung. es ist für das Verständnis dieses Teiles schon nicht schlecht, wenn man Teil 1 gelesen hat, aber auch ohne den kommt man so in die Geschichte hinein. Wir empfehlen es für Kinder ab 8 Jahren bzw. vielleicht noch etwas später, je nach Kind. Sicherlich auch toll als Klassenlektüre.
Rieke Patwardhan, Regina Kehn, Forschungsgruppe Erbsensuppe oder wie wir ein Haus kaperten und Linas Geheimnis auf die Spur kamen, Knesebeck Verlag 2021.
Das Buch wurde uns vom Verlag für eine Rezension zur Verfügung gestellt.