Kinderbücher über Aufklärung, Körperwissen und Sexualität
„Das ist aber ein heikles Thema!“ – Habt ihr das schon gehört oder gedacht, wenn es darum geht, wie man mit Kindern darüber spricht, wie Babys entstehen? Es gibt viele Ansichten darüber, wann und wie man mit der Aufklärung der Kinder anfängt. Mit Sicherheit gibt es hier keine allgemeingültige Strategie oder einen Zeitpunkt, der für alle gültig ist. Wie sind der Ansicht, dass man in jedem Fall auf das Interesse des Kindes achten muss. Kommen viele Fragen zu dem Thema, sollte man das nicht abtun, sondern versuchen, kindgerecht zu erklären. Ein Verständnis darüber, wie sich die Körper von Männern und Frauen unterscheiden, mit korrekten Begrifflichkeiten, sollte natürlich schon vorher vorhanden sein. Eines ist aber klar: Je früher Kinder behutsam und altersgemäß aufgeklärt werden, desto einfacher ist es für die Eltern, möglichst unverkrampft darüber zu reden. Aufklärung kann auch bei der Vorbeugung von sexualisierter Gewalt an Kindern hilfreich sein, da sind sich Expert*innen einig. Wir möchten euch einige Bücher vorstellen, die zum Teil ganz unterschiedlich an das Thema heran gehen.
„Von wegen Bienchen & Blümchen! Aufklärung, Gefühle und Körperwissen für Kinder“
Wie kommen die Babys überhaupt in den Bauch, wie unterscheiden sich die unterschiedlichen Geschlechter und warum möchte man sich vielleicht nicht mehr vor jedem umziehen oder auf Toilette gehen? Wer ein Buch sucht, das in all diesen Fragen – und noch zu vielen Themen mehr – an die Hand nimmt, Tipps für Eltern und Erklärungen für Kinder bietet, sollte sich unbedingt mal „Von wegen Bienchen & Blümchen!„* von Carsten Müller, Sarah Siegl und Emily Claire Völker an.
Völlig unaufgeregt vielfältig, divers und klischeefrei – und dann noch mit kindgerechten Erklärungen zu vielen verschiedenen Themen rund um das Thema Körper und Gefühle. So wünscht man sich das doch. Mit diesem Buch hat man nicht nur eines zur sexuellen Aufklärung in der Hand, sondern auch einen Ratgeber rund um die Themenbereich „Gefühle“, „körperliche Entwicklung“, „Selbstbestimmtheit“ und „Beginn der Pubertät“. An die Kinder gerichtete Informationstexte wechseln sich ab mit wertvollen Tipps für die Erwachsenen. Hierbei steht immer im Vordergrund, die selbst bestimmte Entwicklung der Kinder zu stärken und ihnen zu zeigen, dass ganz Vieles „normal“ ist.
Frühe Aufklärung eine wichtige Maßnahmen in der Präventionsarbeit von sexualisierter Gewalt. Das hat man vielleicht nicht immer im Kopf, wenn man hört, dass man „so früh“ über diese Themen mit Kindern redet. Das Buch wird für Kinder ab 5 Jahren empfohlen. Hier kann jede Familie schauen, ob man es schon im Ganzen liest oder noch die eine oder andere Doppelseite weg lässt, je nachdem, wie es für einen passt. Hier haben wir das Buch ganz ausführlich rezensiert.
Carsten Müller, Sarah Siegl und Emily Claire Völker, Von wegen Bienchen & Blümchen! Aufklärung, Gefühle und Körperwissen für Kinder, EMF Verlag 2021.
„Ein Baby! Wie eine Familie entsteht“ – Rachel Greener, Clare Owen
Familie kann so vielfältig sein – aber ein Kind entsteht immer durch das Zusammenfügen von Eizellen und Samenzelle. Das klingt so einfach, aber es gibt doch eine ganze Menge zu erklären. Über biologische (und dritte) Geschlechter, Geschlechtsverkehr, künstliche Befruchtung und Adoption bis hin zu verschiedenen Arten der Geburt und Unterschieden in dem, was eine Familie sein kann. Über all das kann man im Sachbilderbuch „Ein Baby! Wie eine Familie entsteht“* von Rachel Greener und Clare Owen kindgerecht nachlesen.
Mit kurzen, gut verständlichen Sachtexten und altersgerechten Bildern wird Kindern ab ca. 5 Jahren erklärt, wie sich Männer und Frauen äußerlich unterscheiden und wie ein Baby entsteht. Zusätzlich ist es noch Thema, wie Kinder geboren werden und welche verschiedenen Arten von Familie es gibt. Dabei wird in allen Bereichen des Buches auf Vielfalt geachtet: bei den Hautfarben, bei der Zusammensetzung der Familien und auch bei den Wegen, wie Kinder entstehen.
Es ist geschlechtsneutral geschrieben, wenn davon gesprochen wird, dass das Baby im Bauch „einer Person“ heranwächst. Adoption ist ein Thema, künstliche Befruchtung und Leihmutterschaft (mit dem Hinweis darauf, dass es in D verboten ist) ebenfalls. Begrifflich wird zwischen Vulva und Scheide unterschieden. Ein sehr gut gelungenes und (altersgerecht) umfassendes Sachbuch für Kinder, die an Fragen rund um den Körper und Aufklärung interessiert sind.
Hier findet ihr die ausführliche Rezension.
„Einfach aufgeklärt! – So ist das mit dem Kinderkriegen“
„Einfach aufgeklärt! – So ist das mit dem Kinderkriegen“* des Erfolgsduos Dr. med. Matthias von Bornstädt und Timo Grubing lässt Aufklärung ein großes Abenteuer im Comic – Stil werden. Die Autoren führen uns sensibel und ehrlich durch die Zeit der Schwangerschaft am Beispiel von Sams Familie. Mama erzählt den Kindern genau, was bei der Schwangerschaft passiert, während Papa parallel mitzeichnet. Die LeserInnen erfahren, wie Mädchen und Jungen von innen aussehen und welche Organe sie unterscheiden, von der Samenzelle und der Eizelle und wie diese in einem wilden Wettschwimmen zueinander finden und wie dann die Befruchtung funktioniert. Später folgt dann ein spannender Vergleich der Reise zur Gebärmutter mit einer Autobahn, sodass die Kinder sich gut vorstellen können, wie die Eizelle in die Gebärmutter kommt. Hier wird auch kurz das Thema Periode bei Mädchen angerissen.
„Einfach aufgeklärt“ aus dem Arena Verlag zeigt auf kindgerechte Weise, wie spannend Aufklärung sein kann. Es geht nicht nur um medizinische Fakten, sondern, wie auch der Klappentext des Buches sagt, um ein natürliches Verhältnis zum Körper, um Gefühle und um einen selbst! Auf jeder Doppelseite gibt es auch kleinere Aufgaben und Rätsel für die LeserInnen, beispielsweise sollen Sie Quizfragen beantworten, messen wie groß sie sind aber auch Genderthemen wie „typisch Mädchen, typisch Junge“ werden aufgegriffen.
Wir empfehlen das Buch für Kinder ab etwa dem Vorschulalter, bis in die vierte Klasse. Zu Beginn sind die Begriffe noch schwierig und nicht alle Erklärtexte passen – aber die Geschichte ist durchaus gut verständlich und kann auch „ohne Extras“ gelesen werden. Ältere Kinder können dann die Infotexte auch gut verstehen und sich hier noch genauer informieren.
Hier findet ihr die ausführliche Rezension.
Einfach aufgeklärt! So ist das mit dem Kinderkriegen, Dr. Med. Matthias von Bornstädt und Timo Grubing, Arena Verlag, 2022
„Schokostreuselgross. Ein Baby in Mamas Bauch“
Hier hat man ein Buch in der Hand, bei dem es eine zusammenhängende Geschichte gibt, die voller Sachinformationen ist. Viele Vorschul- oder Grundschulkinder, bei denen in der Familie bald Nachwuchs kommt, können sich sicherlich schnell mit Maxi und ihrer Situation identifizieren. Denn ihre Mutter hat ein Baby im Bauch und Maxi hat viele Fragen.
Die werdende Schwester möchte nun unbedingt wissen, wie das Baby in den Bauch hineingekommen ist, also fängt ihre Mutter an zu erzählen. Sie berichtet von Eiern, die im Bauch der Mutter und Samen, die im Hoden des Vaters sind. Aus beiden zusammen entsteht dann das Kind und damit das passiert, muss man Sex haben. Das Wort hat sie schonmal gehört, aber was das genau ist, weiß sie nicht. Also erklärt die Mutter weiter, bis hin zum Wettrennen der Samen im Bauch der Mutter, welcher als erster im Ziel ist.
Die Vielzahl der Themen sowie sowie die Vielfalt der Informationen können hier überzeugen. Hier wird kein Thema ‚unter den Tisch gekehrt‘ und alles Wichtige kommt kindgerecht zur Sprache. Seien es Themen wie Sex, körperliche Merkmale von Mann und Frau, Früh- und Totgeburt, Homosexualität, Adoption oder Geburt, alles wird erklärt. Oft gibt es noch die passenden Illustrationen dazu, mal ’nur‘ als Bild, mal mit Pfeilen etc. mit zusätzlichen Informationen. Das Buch wurde aus dem Niederländischen übersetzt, deswegen wohl auch die Hausgeburt, die dort weitaus üblicher ist. Dass manche Babys im Krankenhaus auf die Welt kommen, wird aber auch thematisiert.
„Schokostreuselgross. Ein Baby in Mamas Bauch“* wird nach der Lektüre viel Stoff für Kinderfragen aufwerfen, da muss man natürlich bereit sein, offen über das Thema zu sprechen. Je nach Kind kommt die Vermittlung der Informationen in einer Geschichte besser an als in reinen Sachbüchern.
Hier findet ihr die ausführliche Rezension.
Bette Westera, Julia Dürr (Illustration), Rolf Erdorf (Übersetzung), Schokostreuselgross. Ein Baby in Mamas Bauch, Gerstenberg Verlag 2019.
„Liebe machen“
In der Steinzeit gibt es einen Mann, der ist sehr in eine Frau verliebt – und sie in ihn. Deswegen küssen und umarmen sie sich und gehen – ein wenig später- zusammen in eine Höhle. Dort ziehen sich beide aus, bis sie ganz nackt sind und küssen sich dabei immer weiter. Man kann sehen, dass bei beiden dadurch etwas hart wird: beim Mann der Penis, bei der Frau die Brustwarzen. Sie fangen nun an, sich aufeinander zu legen und der Penis des Mannes verschwindet in der Scheide. Beide bewegen sich dabei und finden das sehr schön.
Irgendwann schreien beide vor Freude und aus dem Penis des Mannes spritzt Sperma heraus. Danach sind beide müde uns schlafen ein. Ungefähr sieben Wochen später bemerkt die Frau, dass sich etwas in ihrem Bauch bewegt und ein Baby anfängt, darin zu wachsen. Der Bauch wird größer und größer und irgendwann möchte das Baby dort heraus. Die Frau presst und nach einigen Anstrengungen ist das Baby auf der Welt. Die Eltern schauen entzückt auf das Baby und sind nun eine Familie. So war es früher und so ist es heute.
Das Buch ist wieder eine komplett andere Herangehensweise an das Thema „Aufklärung“. Mit witzigen Reimen und auf das wesentliche reduzierte Zeichnungen wird erklärt, wie das so läuft, wenn Mann und Frau sich lieben. Es gibt bewusst keine großen Erklärungen zu Begrifflichkeiten, Funktionsweisen und Co., denn hier spricht einfach die Geschichte für sich. Man sieht dabei, ansatzweise, wie Geschlechtsverkehr funktioniert, auch mit verschiedenen Stellungen. Beim Abschnitt zur Geburt ist es genauso. Schön ist auch der Blick auf die Familie der Gegenwart, wo deutlich wird, dass das alles schon immer so abläuft. Hier steht auch noch dabei, dass natürlich auch zwei Frauen oder zwei Männer mit Baby eine Familie bilden.
„Liebe machen“* kann als witzige, aber auch behutsame Heranführung an das Thema für Kinder ab ca. 5 Jahren dienen. Hier muss aber natürlich auch wieder geschaut werden, ob das Interesse schon da ist. Ein Kindersachbuch mit genaueren Erklärungen kann dann als nächstes folgen.
Hans – Christian Schmidt, Andreas Német, Liebe machen, Klett Kinderbuch 2021.
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Die Bücher wurden uns für eine Rezension zur Verfügung gestellt.
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[…] unterwegs ist, lädt natürlich dazu ein. Hier in diesem Post haben wir euch bereits einige ganz unterschiedliche Aufklärungsbücher vorgestellt. Heute möchten wir euch ein ganz neues zeigen, dass Aufklärung großartig in eine […]